Autorin: Anne Freytag
Verlag: heyne>fliegt
Erschienen: 25.05.2020
Seitenzahl: 416
ISBN: 978-3-453-27280-4
Weil es manchmal reicht, etwas oft genug zu hören, damit es stimmt. Es muss nicht wirklich wahr sein. Es genügt, es zu glauben.
Darum gehts:
Julia hat ihre geheimsten Gedanken in einem Blog aufgeschrieben. Diese sind zwar manchmal alles andere als nett, aber sie waren ja auch nie für die Öffentlichkeit bestimmt. Eines Tages tritt das Worst Case-Szenario allerdings ein: Der Blog wird öffentlich gemacht. Doch wer steckt dahinter? Grund dazu hätten einige gehabt.
Das sage ich…
...zum Inhalt:
Ich bin ein wirklich großer Fan von Anne Freytags Büchern. Deswegen war ich umso mehr enttäuscht, als „Das Gegenteil von Hasen“ mich nicht annährend so fesseln konnte, wie ihre anderen Bücher es bis jetzt geschafft haben. Die Themen, die aufgegriffen werden, sind auch heute noch relevant. Es geht um Mobbing, es geht um Privatsphäre im Internet, es geht darum sich selber treu und ehrlich mit sich selbst und anderen zu sein. Für mich ist der Funke allerdings leider bis zum Ende nicht so recht übergesprungen. Die Geschichte besaß für mich zu wenig Handlung bzw. die Handlung war für mich nicht klar genug herausgearbeitet und wird durch die inneren Mononolge und Gedanken leider ein bisschen überschattet. Was ich in den anderen Büchern von Anne Freytag wirklich gerne mochte, hat mich also hier leider eher gestört. Es geht viel um die Frage, wer den Blog veröffentlicht hat und es werden schnell Figuren beschuldigt und als mögliche Drahtzieher dagestellt. Das Ende kommt dann aber doch ziemlich aprubt und hat für mich keine richtig zufriedenstellendes Ergebnis diese Frage betreffend gebracht.
…zu den Protagonisten:
Julia, Marlene und Leonard sind die Clique, um die es eigentlich geht. Die drei sind Freunde und die Konstellation ist wirklich interessant. Wie immer in Anne Freytags Büchern sind die Figuren auch hier toll und mehrdimensional ausgearbeitet, sodass man sich sehr gut mit ihnen identifizieren kann. Unterschiedlich und doch in ihrer Beliebtheit und ihrer Aufgesetztheit gleich. Auch Edgar und Momo, zwei weitere zentrale Figuren sind, auch wenn sie nicht zur In-Clique gehören richtig gut charakterisiert.
Die Nebencharaktere, die Klassenkameraden tauchen zwar sehr wenig auf, aber auch diese sind meiner Meinung nach wirklich gut erzählt. Es gibt Kapitel, die Unterhaltungen zwischen ihnen wiedergeben, sodass sie vor allem gut dafür sind, einem als Leser ein Gefühl für das Klassenklima nach der veröffentlichung des Blogs zu geben.
…zum Stil:
Anne Freytags Bücher zeichnen sich vor allem durch ihren tollen Schreibstil aus. Und dieser macht häufig den Hauptteil ihrer Bücher aus. Das ist auch in „Das Gegeteil von Hasen“ der Fall. Vergleiche und Metaphern werden gekonnte eingesetzt und drücken die Gefühle wirklich wunderschön aus. Bemerkenswert fand ich auch die Gestaltung der Kapitel. Das Buch erzählt eine Geschichte, die sich über mehrere Tage erstreckt und nutzt Uhrzeiten und Tagesangaben, um jedes Kapitel einzuordnen. Ein weiteres Stilmittel ist die Einstreuung von Protokollauszügen, Unterhaltungen zwischen den Klassenkameraden und ein paar Kapitel aus Sicht des Täters, die plötzlich in der ersten Person stehen. Man erfährt erst ganz am Ende, wer es ist und wieso er getan hat, was er getan hat, und trotzdem verleiht es dem Buch eine tolle Tiefe.
So gut die Vergleiche und die Sprache jedoch sind, so finde ich trotzdem, dass in diesem Buch oft zu dick aufgetragen wurde. Manche Gefühle und Ereignisse werden so lange beschrieben und erzählt, dass es für mich einfach zu viel war. Anne Freytags Vergleiche sind wunderschön, aber es sind so viele und werden so häufig benutzt, dass sie leider, meiner Meinung nach, auch einen großen Teil ihrer Wirkung einbüßen.
Heißt also:
„Das Gegenteil von Hasen“ ist ein lohnendes Buch, das mich allerdings trotzdem enttäuscht hat, weil mir die anderen Bücher der Autorin so viel besser gefallen haben.