
Autorin: Carolin Wahl
Verlag: Loewe intense
Erschienen: 21.7.2021
Seitenzahl: 448
ISBN: 978-3-7432-1095-0
Es war nicht viel, was dort stand. Zwei Sätze. Ich wusste nicht, was es war, aber es berührte mich. (S. 201)
Darum gehts:
Gabriella kommt aus Brasilien, hat aber deutsche Wurzeln auf der Seite ihres Vaters. Dieser ist Koch – und sie hat ihn noch nie getroffen. Also beschließt sie ‚undercover‘ ein Praktikum in seiner Cateringfirma zu machen. Während dieses Praktikums passiert so einiges – nicht zuletzt trifft sie Anton wieder, den sie auf dem Flug kennengelernt hat und eigentlich unausstehlich fand… oder vielleicht doch nicht…
Das sage ich…
…zum Inhalt
Mir hat das Setting dieses Buches in einem Cateringbetrieb wirklich gut gefallen. Man bekommt einen Einblick darein, wie viel dieser Beruf einem manchmal abverlangen kann und wie stressig eine große Küche manchmal ist. Es wird außerdem der raue Umgangston und der Perfektionismus sehr anschaulich, den viele Köche/Köchinnen auch in der Realität als einen Teil ihres Berufes nennen.
Gleichzeitig ist die Storyline rund um Gabriellas Vater spannend gedacht und erzählt. Es bleibt bis kurz vor Ende unklar, wieso Gabriella ihren Vater nicht kennt, was dazu geführt hat und ob/wie die Situation aufgeklärt wird. In vielen Passagen fragt man sich als Leser, wohin dieser Handlungsstrang läuft und am Ende wird man nicht enttäuscht. Ein Kritikpunkt, den ich hier allerdings habe ist der, das hier am Ende zu schnell die Auflösung kommt – Es fühlt sich ein wenig an, wie eine 180° Drehung und bekommt wenig Vorbereitung. Das gleiche gilt auch für die Geschichte zwischen Gabriella und Anton – Auch hier wirkt das Ende ein wenig zu ordentlich und einfach erreicht.
…zu den Protagonisten
Bei Gabriella habe ich mich immer wieder gefragt, weshalb sie auf der einen Seite so verbissen ihren Vater kennenlernen und ihrer persönlichen Geschichte auf den Grund gehen will und auf der anderen Seite so viele Gelegenheiten ungenutzt lässt und so planlos in ihr Praktikum startet. Ich hätte mir ein wenig mehr Zeit gewünscht um ihre Gedanken hier zu durchschauen und sie so besser zu verstehen. Obwohl sie so manchmal wenig nahbar ist, war sie dennoch eine Figur, die die Geschichte gut getragen hat und durch ihre Freundliche Art und ihre Bereitschaft/ihren Mut sich auf diese Situation in einem fremden Land einzulassen wirkte sie durchaus stark und selbstbestimmt.
Bei Anton hatte ich ein paar mehr Probleme – Es gab viele Passagen, in denen sich zeigt, wie herzlich und nett er ist und wie gerne er auch seinen beruf als einer der Köche in der Cateringfirma macht, aber es fehlte etwas. Es wird klar, was für ein guter Mensch er eigentlich ist und trotzdem ist er oft unfreundlich und reserviert. Die Erklärung, die das Buch dafür gibt war für meinen Geschmack einfach nicht gut genug bzw. hat nicht genug Raum. bekommen, um wirklich zu wirken und richtig nachvollziehbar zu sein.
Die Entwicklung zwischen den beiden Protagonisten ist sehr gelungen! Was mir hier besonders gefallen hat war, dass auf der einen Seite einige Genre-Klischees bedient wurden, auf der anderen Seite aber auch sehr anders mit ihnen umgegangen wurde, als in vielen anderen Büchern. Mir hat vor allem gefallen, wie stark Gabriella sich hier positioniert hat. Gleichzeitig ist sie reflektiert genug, um auch ihre eigenen Fehler einzugestehen , was dazu führt, dass die Entwicklung sehr realistisch wirkt.
…zum Stil
Einige Sätze sind mir wirklich im Gedächtnis geblieben. Manchmal wirkte „Vielleicht Jetzt“ sehr philosophisch und nachdenklich. Zum größten Teil war es aber einfach ein lockerer, simpler Schreibsstil, der zu eine tollen Lesefluss beigetragen hat.
Heißt also:
Schöne Momente, ein tolles Setting und realistische Protagonisten – da fallen ein paar Kritikpunkte nicht so stark ins Gewicht. Dieses Buch kriegt eine Empfehlung von mir 🙂